Schon seit 1808, explizit aber in der der Verfassung von 1818 wurden die Privilegien für den Adel eingeschränkt und für die Kirche abgeschafft. Die Bevölkerung hingegen erhielt mehr Mitspracherechte. Bayern war damals einer der liberalsten Staaten im Reich. Natürlich wahrten die Grafen von Preysing (Hohenaschau) auch dann noch ihre Rechte im Tal. So blieben Steuereinnahmen und Rechtssprechung für die niedrige Gerichtsbarkeit in der Hand des Patrimonialgerichtsherrn, der gleichzeitig Grundherr war und somit ein Preysing. Da Boden und Klima für die Landwirtschaft keine ausreichende Lebensgrundlage boten, verdiente sich die Bevölkerung zusätzlich in den Nagelschmieden und Köhlereien ihren Lebensunterhalt. Neben den Handwerksberufen waren jedoch die Viehhaltung und der Handel mit Tirol die Haupteinnahmequelle der Bauern im oberen Priental. Die relativ guten Einnahmen aus Mühle und Viehhaltung erlaubten es dem Müllner Peter, sich Freiräume zu schaffen, in denen er seine Rezeptbücher und seine Musik schreiben konnte.
Tägliche Essensrationen um 1800 im Amt Sachrang
Aus den Austragsbriefen erfahren wir die Nahrungsgrundlagen der Bevölkerung im oberen Priental: Die Speisen wurden aus Getreide, Milch, Butter, Schmalz und Eiern zubereitet. Dazu gab es Kraut, das in großen Mengen angebaut und gut gelagert werden konnte. Fünf Mahlzeiten täglich waren üblich:
Frühstück:
Milchmehlbrei, meist aus Weizen, Milch und Butter.
Mittag:
Knödel, Topfennudeln oder Mehlschmarren mit Obst oder Gemüse, je nach Jahreszeit
Dreiuhrbrot:
kalte Reste vom Mittag
Abend:
Sticknudeln aus Getreidemehl und Sauerteig
Getrunken wurde Wasser und nur bei Festen Wein. Bier trank man im Wirtshaus und für Brandweinausschank waren nur wenige Schenken z.B. in Prien lizensiert. Fleisch gab es nur an Festtagen, dann allerdings in großen Mengen; sonst gab es kaum Fleisch. Der Jahresdurchschnitt von 14 gr Rindfleisch und 13 gr Schaffleisch, pro Person und Tag mag das verdeutlichen. Ein Ei leistete man sich alle sechs Tage und ab und zu auch einmal ein Huhn.
Almwirtschaft (Stadtarchiv Rosenheim, Foto Trux)
Die Almwirtschaften waren als Erwerbsquelle für die Bauern im Tal ein fester Bestandteil. Auch der Mühlenhof bewirtschafte anteilig eine Alm (Sulzingalm). So hat beispielsweise F. W. Doppelmayr (1776-1845) die Sennerin Maria Anna Regenaur auf der Reinlachalpe (1815) in seinem Bild festgehalten.
Werkzeuge, die der Zubereitung von Speisen dienten, waren:
Krauthobel (Fam. Danner, Aschach )
Butter- und Schmalzfass um 1750 (Fam. Sander, Sachrang)
Melkschemel um 1750 (Bauernverband Sachrang)
Heumahd (Lenbachhaus, München, Foto Berger)
Bild einer Heumahd, 1824 von Max Josef Wagenbauer (1774-1829)
Getreidearten (Bauernmuseum, Amerang)
Der Ertrag beim Getreide war stark von der Witterung abhängig. Aber auch Truppendurchzüge, wie in den Napoleonischen Kriegen, führten zu einem höheren Bedarf an Getreide. Die Regierung bemühte sich zwar zu Beginn des 19. Jh. um eine Förderung der Landwirtschaft, konnte aber Hungersnöte, wie sie 1816/17 auftraten, nicht verhindern. Getreidearten, die im Priental wuchsen, waren neben Hafer und Roggen:
• Schwarzer Emmer (Weizenart)
• Bauländer Spelz (Dinkel)
• Einkorn
• Weißer Emmer (Weizenart)
• Roter Emmer (Weizenart)