Ein Schreib buch
Vor mich Peter
Hueber Mühler
sohn von
Grä[nzhub?]

entschlüsselt und für die heutige Zeit lesbar gemacht von
Mag. pharm. Manuel Fleischmann, Wien und
Dr. Günter Fleischmann, Apotheker in Bad Aibling

 

Ausführlichen Anmerkungen – PDF-Datei

Aus Platzgründen konnten wir im Buch die Anmerkungen nur in gedürzter Form abdrucken. Hier können sie die PDF-Datei mit den ausführlichen Anmerkungen downloaden:

PDF-Datei ausführlichere Anmerkungen

 

Das Schreibbuch des Müllner-Peter von Sachrang können Sie vor Ort im Museumsshop kaufen oder per E-Mail bestellen.

Das Schreibbuch wurde zufällig auf einem Flohmarkt wiederentdeckt

(im heutigen Sprachgebrauch: Notizbuch) wurde zufällig auf einem Flohmarkt wiederentdeckt, wohin es auf unerfindlichen Wegen aus dem Nachlass des Müllner-Peter gekommen war. Vergleiche der Handschrift mit bekannten Schriftstücken aus der Hand des Müllner-Peter beweisen, dass es wirklich von ihm verfasst wurde. Nicht zu verwechseln ist dieses Schreibbuch mit dem „Sachranger Rezeptbuch“, das der Arzt und Medizinhistoriker Dr. Christoph Glaser editiert hat. Bei letzterem handelt es sich um eine sehr umfangreiche handschriftliche Rezeptsammlung aus Müllner-Peters Besitz, verfasst teilweise von ihm selbst, überwiegend aber von einem oder mehreren unbekannten Zeitgenossen in deutlich tirolerisch gefärbter Mundart. Interessanterweise befand sich neben dieser Rezeptsammlung auch das damals gültige Österreichische Arzneibuch, die Pharmacopoea austriaca-provincialis emendata von 1795 (Ph.Austr.1795) in seinem Besitz in welchem dem der größte Teil seiner verwendeten Arzneisubstanzen aufgeführt ist.


Das Schreibbuch ist wohl in den Jahren kurz vor 1800 entstanden. Der Verfasser zitiert aus dem Buch von P. Christian Baumann, dessen noch etwas fehlerbehaftete 1. Auflage von 1783 ihm zur Verfügung stand. Er bezeichnet sich noch als Müllersohn und nicht als Müller, also begann er es in jungen Jahren vor der Übernahme der Mühle (1809) zu schreiben.

 

Die Edition des Schreibbuchs

Zielsetzung der vorliegenden Edition ist es, die alte, medizinhistorisch interessante Handschrift in eine lesbare Form zu bringen und zu so kommentieren, dass heutige Leser sich ein Bild von den Krankheiten, Fachbegriffen und Arzneien der damaligen Zeit machen können. Manches ist auch für die Heilkunst der Gegenwart noch von Bedeutung, anderes gilt inzwischen als unwirksam oder viel zu giftig, weil inzwischen wirksamere und harmlosere Arzneien zur Verfügung stehen. Der Text ist also aus seiner Zeit heraus zu verstehen und nicht als Rezeptbuch zur unkritischen Nachahmung.
Die Arbeit vollzog sich in vier Schritten. Zunächst war eine saubere Ablichtung des handschriftlichen Originals zu erstellen, auf der sich bei entsprechender Vergrößerung auch schwierige Textstellen entziffern lassen (a: Faksimile).
Dann erfolgte eine buchstabengetreue Übertragung
(b: Transskription) und eine Umsetzung in die heute übliche Schreibweise (c: Transposition). Anschließend war der Sinn des Textes mithilfe von Nachschlagewerken zu erschließen und zu erklären (d: Anmerkungen).
Aus Platzgründen findet sich der größte Teil der Anmerkungen nur auf unserer Website:

 

Hauptsächlich verwendete Nachschlagewerke

Es war naheliegend, zum Verständnis heute nicht mehr gebräuchlicher Arzneien, Krankheitsnamen usw. Nachschlagewerke aus der Zeit des Müllner-Peter zu konsultieren. Dazu gehören natürlich die damals gültigen Arzneibücher, darunter das erste in deutschen Ländern amtliche Arzneibuch, die Pharmacopoea austriaca-provincialis von 1795 (abgekürzt Ph.Austr.1795), die der Müllner-Peter selbst auch benutzt hat. Außerdem das amtliche Arzneibuch für Bayern (Pharmacopoea Bavarica 1822 bzw. Pharmacopoe für das Königreich Bayern 1856, abgekürzt als Ph.Bavar.). Am aufschlussreichsten war darüber hinaus für uns Hahnemanns Apothekerlexikon, das die meisten verwendeten Arzneien und pharmazeutischen Fachbegriffe aufführt (der Arzt Samuel Hahnemann ist zwar als Begründer der Homöopathie allgemein bekannt; weniger bekannt, aber trotzdem bedeutsam sind aber auch seine medizinischen Schriften). Dann für im 19. Jahrhundert übliche Krankheitsnamen das Deutsche Krankheitsnamen-Buch des Tölzer Badearztes Max Höfler von 1899. Für dialektale und altertümliche Begriffe das Bayrische Wörterbuch von Schmeller 1872-1877 und Grimms Wörterbuch der deutschen Sprache von 1860. Und natürlich das oben schon genannte Sachranger Rezeptbuch aus Müllner-Peters Besitz. Weitere hilfreiche Nachschlagewerke siehe im Index am Ende dieses Buchs. – In Hahnemanns Apothekerlexikon und im Bayerischen Arzneibuch stehen auch genaue Angaben zu den damals gebräuchlichen vormetrischen Medizinalgewichten.

 

Vormetrische Medizinalgewichte

Vor der Einführung des metrischen Systems gab es nicht nur in verschiedenen Ländern unterschiedliche Maßsysteme, sondern es unterschieden sich darüber hinaus auch die medizinischen von den bürgerlichen Gewichtssystemen. Apothekerpfund und Handelspfund unterschieden sich sowohl hinsichtlich Masse als auch Unterteilung erheblich! In den deutschen Ländern und darüber hinaus verbreitet war im vormetrischen System das Nürnberger Medizinalpfund mit einer Masse von 357,6639g. Es war untereilt in 12 Unzen zu je 8 Drachmen oder Quentchen (zu je drei Skrupel), und die Masse basierte auf dem Gewicht eines weißen Pfefferkornes (Gran, also das „Korn“).

„Apothekergewicht“, erklärt Hahnemann, „ist durch ganz Deutschland einerlei, und wird auch nürnberger Medizinalgewicht genannt. Ein Pfund, libra (lb j) bezeichnet, worunter man immer ein Medizinalpfund (libra medica) in Rezepten und Dispensatorien meint, hält zwölf Unzen. Wenn aber die Zahl vorne steht, (1lb ) oder die zwei Buchstaben p.c. (pondus civile, bürgerliches Gewicht) dazu gesetzt werden, so meint man 16 Unzen ... Die Hälfte eines jeden dieser Gewichte deutet man durch ein ß an, so daß lb ß ein halbes Pfund,
ß eine halbe Unze (ein Loth), ʒß ein halbes Quentchen u.s.w. bezeichnet. Sorgfältige Aerzte schreiben aber die Gewichte lieber mit Worten aus, (z.B. sesquiuncia oder uncia una,semis statt jß), um alle durch undeutliches Schreiben etwa zu befürchtende Versehen desto gewisser zu vermeiden.“

Die Pharmacopoea Bavarica, das erste amtliche Arzneibuch für das Königreich Bayern von 1822, legte gemäß der allerhöchsten königlichen Verordnung vom 31. Januar 1811 folgende gerundeten Werte zur Umrechnung ins neue französische Dezimalgewicht fest: Ein Medizinal-Pfund, eine Libra medica (lb j p.m., pondus medicinale, das „Apothekergewicht“) = 360 frz. Gramm. Das Medizinal-Pfund enthält 12 Unzen, 96 Drachmen, 288 Skrupel oder 5760 Gran. Eine Unze ()= 30 frz. Gramm. Sie enthält 8 Drachmen, 24 Skrupel oder 480 Gran. Eine Drachme (ein Quentchen, Quintlein) (ʒ) = 3,75 frz. Gramm. Sie enthält 3 Skrupel oder 60 Gran. Ein Skrupel ( oder s.ap. für scrupulus apothecarius)= 1,25 frz. Gramm. Er enthält 20 Gran. Ein Gran (gr.) = 0,0625 frz. Gramm. Mithin sind 16 Grane des bayerischen Apothekergewichts = 1 frz. Gramm.

Im Unterschied dazu hatte ein bürgerliches Pfund, eine Libra civilis (1 lb p.c., pondus civile, das „Krämergewicht“) historische und von Ort zu Ort unterschiedliche Werte von ca. 480-560g. Das bürgerliche Pfund unterteilt sich in 16 Unzen = 32 Lot (Loth) = 128 Quentchen (Quintlein) = 512 Pfenniggewichte = 1024 Hellergewichte.Es wurde durch die bayrische Verordnung von 1811 in Anlehnung an das Wiener Handelspfund von 561,288g auf 560g abgerundet und später, ab 1839 bzw. 1854, vom Deutschen Zollverein im neuen metrischen System auf exakt 500g festgelegt. Dieses „Zollpfund“ galt in Bayern aber erst ab der Reichsgründung von 1871.

Für das sehr populäre bürgerliche Lot (früher meistens Loth geschrieben) galt als ungenaue, aber anschauliche Faustregel, dass es etwa einem „Löffel voll“ entspricht. Nach der bayrischen Verordnung von 1811 entsprachen 6 Lot des bürgerlichen Gewichts exakt 7 Lot oder 3,5 Unzen (105g) des Apothekergewichts. Später wurde das Lot von seinem ursprünglichen Wert von 15-17,5g auf ein „metrisches Lot“ zu 10g abgerundet und lebt v.a. in Österreich als „Deka“ bis heute weiter.

Das bayrische Flüssigkeitsmaß, die Maß, entsprach zu allen Zeiten ziemlich genau einem Liter, wurde aber oft mit 2 Pfund bürgerlichen Gewichts gleichgesetzt.

 

Verzeichnis der Rezepte

1. Meerrettich wider Skorbut
2. Krebstötender Balsam mit Auripigment
3. Blutreinigende Species mit Hölzern
4. Blutreinigungstropfen und Laxier (Species ad longam vitam St. Germain)
5. Fingerwurm: Hollerrinde, Häuserschnecken
6. Darmvergift der Pferde
7. Die Schöb, und Blut durch die Mutterscheide
8. Heilsalbe und Heilendes Bad
9. Warzen beim Vieh
10.+11. Fiebertrank mit China
12. Das Einnehmen zu curieren
13. Universal-Heilpulver mit Quecksilber-Sublimat
14. Nervenfieber-Tee mit China
15. Wenn ein Pferd nicht misten kann
16. - 19. Hausmittel wider Pferdekrankheiten (18 Rezepte)
20. Mundfäule
21. - 28. Mittel wider Rindviehkrankheiten (31 Rezepte)
29. Mineralwasser
30. Seifenbranntwein
31. Digestivsalbe und Basiliconsalbe
32. Ägyptische Salbe und Hornsalbe
33. Kampferöl
34. Zertheilender Spiritus
35. Trocknendes Wasser mit Vitriol
36. Laxiertrank mit Aloe
37. + 38. Venerische Krankheit beim Vieh
39. Wenn das Vieh sehr huostet
40. Für ein Zuchtkalb welches immer voll war
und: Für Verstopfung der Nase und Kopfkatarrh
41. Ansteckung bei gelben u.a. dergleichen Fiebern
42. Vertilgung von Ratten und Mäusen mit Schwerspat